Der 1. Mai 2019 nutzte eine bunt gemischte Gruppe von Fahrradfreunden für eine Radtour durch das alte Land vor den Toren Hamburgs. Über 40 km radelten wir vorbei an blühenden Obstbaumplantagen und historischen Fachwerkhäusern bis nach Buxtehude, wo wir den Tag mit einen gemeinsamen Essen ausklingen ließen.
Soweit das offizielle Programm – jetzt kommt DIE WAHRHEIT! In 25 Akten und annährend chronologischer Reihenfolge:*
0. Los ging der Spaß am Abend vor der Tour. Eine Teilnehmerin wollte gerne wissen, ob wir im Alten Land auch etwas essen würden. Nein, wir hatten im Ankündigungs- und Infoschreiben gelogen und eigentlich einen Fastentag eingeplant. Aber Anregungen nehmen wir natürlich gerne immer mit auf, siehe Punkt 9ff.
1. Bunt gemischte Gruppe? Ja, abgesehen von unserer wie immer grün-bunten Ines kamen Teilnehmer aller Altersgruppen, vom Kücken (Nele) bis zum Rentner (der aus verständlichen Gründen anonym bleiben möchte) und aus aller Herren Länder (sogar aus Münster!). Dieser Teilnehmer, nennen wir ihn T., hält neben den Rekord für die längste Anreise auch jenen für das leichteste Rad (ca. 8kg) und die knappeste Anmeldung (einen Tag vor der Tour). Nur geschlagen von Teilnehmer M., der sich gar nicht anmeldet hatte und einfach auf dem Bahnsteig stand. Und trotzdem mitgenommen wurde, wir sind ja nicht so…
2. Den Rekord für die schnellste Anmeldung hält übrigens Nicht-Teilnehmer A., der sich nur Sekunden nach Freischaltung der Anmeldung anmeldete (Das hatten wir glaube ich auch noch nicht, oder Nele?). Und dann leider doch am Morgen der Tour absagen musste.
3. Petrus war uns noch was schuldig. Dafür, dass die Radtour, die in der Form eigentlich schon letztes Jahr stattfinden sollte, wegen Dauerregen ins Wasser fiel. Der 1. Mai 2018, dämmert´s? Sie erinnern sich, meine Damen und Herren: Der erste und letzte Regentag des Dürresommers 2018.
4. Petrus hat dann gerade noch mal so die Kurve gekriegt. Es hat nicht geregnet, es sah nur die ganze Zeit so aus als könnte es jederzeit anfangen. Hat es aber nicht. Dafür war´s kalt. Eiskalt. 10° kalt. Viel zu kalt also. Petrus, das üben wir nächstes Jahr nochmal.
5. Laura wurde zur Mutter der Nation erklärt (Okay, erst am nächsten Tag. Also quasi posthum). Nicht nur, weil sie alles so toll organisiert hatte (das natürlich auch), sondern auch, weil sie es sogar geschafft hat, vor Tourstart noch Handwaschzeug für Nele zu besorgen.
6. Die Mutter der Nation konnte jedoch nicht verhindern, dass wir nach 10 Minuten das erste Mal verloren in Nirgendwo standen. Schuld war das GPS-Gerät, das uns einfach und unkompliziert und ohne langes Karten-Gefuchtel den Weg weisen sollte. Hat es aber nicht. Oder Laura hätte vorher mal die Betriebsanleitung lesen sollen, hätte vielleicht auch geholfen. War jetzt auch nicht mehr zu ändern.
7. Zwischen Hamburg und Stade wird gerade ne Autobahn gebaut. Naja, gerade… die Elphi war auf jeden Fall schneller fertig. Aber die führt ja auch nicht durch Moore, Naturschutzgebiete, über die Reviere von Obstbauern und plattschnackenden Vögeln. Die mögen nämlich Autobahnen alle nicht so. Deshalb verläuft die Autobahn jetzt auch in Schlangenlinien und im Zickzack und da, wo man sie am wenigsten erwartet, je nachdem, wo die Bauern und Vögel besonders unnachgiebig und die Moorböden besonders nachgiebig waren (hoffentlich wurde das jetzt nicht verwechselt…). Durch´s Alte Land verläuft derzeit also eine riesengroße Sandkiste dort, wo einmal die Autobahn sein soll. Die haben wir gleich mehrmals passiert, weil siehe Punkt 6.
8. Ebenfalls mehrmals überquert wurde der Elbdeich. Nicht, weil die Route das so vorgesehen hätte, sondern der schönen Aussicht wegen. Oder wegen Punkt 6.
9. Trotz Punkt 6 kamen wir nach den ersten 20 km in ein schönes altes Altländer Dorf, wo wir auf ein Orgel-Cafe stoßen. Einige Teilnehmer hatten schon nicht mehr daran geglaubt, jedes Mal wenn wir anhielten und verzweifelt versuchten, den GPS-Gerät zumindest eine Richtungsangabe abzuringen (also alle zwei Minuten), packte jemand sein Butterbrot aus.
10. Ach so, ihr wollt wissen, was ein Orgel-Cafe ist? Also: Im besagten schönen alten Altländer Dorf gibt es eine schöne alte Altländer Kirche und in der schönen alten Altländer Kirche gibt es eine schöne alte Altländer Orgel. Und jene Orgel war vor über 30 Jahren mal kaputt und musste teuer repariert werden. Was haben die Altländer gemacht? Sie gründeten das Orgel-Cafe, in dem engagierte Gemeindemitglieder an ausgewählten Wochenenden und Feiertagen Besucher mit selbstgebacken Kuchen und Torten bewirteten. Auf diese Weise kam das Geld für die Orgel schnell zusammen, sodass die Einnahmen heute für alles Mögliche in der Gemeindearbeit verwendet wurden. Ist wirklich sehr nett und herzlich da.
11. Während uns die Konfis Kaffee und Kakao brachten und wir uns den Kuchen schmecken ließen, haben einige von uns ein paar nützliche neue Gebärden gelernt:
- Sylvia lernte die Gebärde für „chillen“. Zukünftiges Einsatzgebiet: Zur Beruhigung, wenn sie sich mal wieder aufregt (zum Beispiel im Frauentreff).
- Laura lernte die Gebärde für „Bullshit!“ Zukünftiges Einsatzgebiet: Jugendvorstandssitzungen
- T. lernte die Gebärde für „Weichei“. Zukünftiges Einsatzgebiet: Noch offen, aber da findet sich bestimmt immer mal was.
12. Beim Bezahlen zeigte sich dann, dass auch die Kassiererin das nicht jeden Tag macht und Kopfrechnen wirklich schwer ist. Am besten hatte man also schon vorher ausgerechnet, für wieviel Geld man geschlemmt hatte und das schon abgezählt. Alternativ geht’s natürlich auch so: Man sagt „Ich hatte einen Kakao ohne Sahne, einen Kakao mit Sahne, den hatte ich eigentlich nicht bestellt aber der kam einfach und keiner wollte ihn, da hab ich ihn genommen, ein Stück Torte und ein Stück Erdbeerkuchen“, dann lässt man das arme Mädel 5 Minuten rechnen und schließlich verzweifelt ihr Smartphone holen um dann, nachdem alle zusammen endlich Summe X ausgerechnet haben, einen 10€-Schein in die Hand zu drücken und zu sagen „Stimmt so“. Kann man machen.
13. Da sich irgendwie keiner das Orgelkonzert anhören wollte, sind wir dann weitergeradelt. Das war der Zeitpunkt, an dem Laura das GPS-Gerät endgültig übern Deich schmeißen wollte. Es wies uns zwar wieder die Route – aber andersherum. Nö. Nicht mit uns.
14. Die restlichen 20 km nach Buxtehude radelten wir dann ohne besondere Vorkommnisse. Naja, fast: Zwischendurch musste Teilnehmer T. mit Neles Fahrradwerkzeug den Sattel von Teilnehmerin S. neu einstellen. Ines äußerte sich erstaunt darüber, dass die Person mit der angeblich geringsten Fahrraderfahrung Werkzeug und Verbandszeug mithatte (Hallo?… diese Person ist zweite Jugendleiterin und muss ein paar Sicherheitsvorkehrungen beachten, wenn die erste Jugendleiterin es offenbar nicht tut.) Während der Werkzeugaktion sind drei Teilnehmer einfach schon mal weitergeradelt…nice!
15. In Buxtehude angekommen mussten wir dann erst mal mit zwei eklatanten Bildungslücken ausräumen:
16. Ja, Buxtehude gibt es wirklich. Nein, das ist nicht Amsterdam, auch wenn es stellenweise so aussieht und sich der Weg dorthin für einige Teilnehmer auch so lang anfühlte.
17. Buxtehude wird auch die Märchenstadt genannt. Dort spielt nämlich das Märchen vom Hase und Igel. Hier nochmal die Handlung zum Nachlesen für Ines: https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Hase_und_der_Igel. Ines´ Nichtwissen entschuldigen wir mal mit ihrer DDR-Kindheit, wahrscheinlich wurde das Märchen vom Hasen und Igel dort nicht erzählt, die beiden sind ja schließlich nicht gleich und am Ende stirbt der ehrliche, fleißige aber leider dumme Hase vor Erschöpfung und der böse, listreiche Igel siegt. Oder so.
18. Das vermeintliche Amsterdam diente uns dann als Kulisse für ein abschließendes Gruppenfoto. Ohne Fahrräder, die wurden mal kurz zur Seite gestellt. Ein Teilnehmer kam zu spät fürs Foto, weil er sein Fahrrad noch aufwendig angeschlossen hat. In Buxtehude, mal ehrlich… muss n Hamburger gewesen sein. Okay, war n E-Bike (hab ich schon erwähnt, dass E-Bikes bei Gruppentouren voll unfair sind? Sie sind aber gut, wenn sich die Gruppe verliert, dann kann man ihren Fahrer auf Kundschaftertour schicken).
19. Nach dem vielen Kuchen vom Nachmittag hatten wir alle Hunger auf was Deftiges und sind zu Amadeus. Nicht der Musiker, der Koch. Damit wir alle zusammensitzen konnten, wurden Tische zusammengerückt. Nele hat so eine Tischlücke erwischt. Diese stellte der Überlieferung nach ihre gespaltene Persönlichkeit dar, zu der sie besser mal eine viergeteilte Vier-Jahreszeiten-Pizza genommen hätte. Es wurde dann aber doch ne schnöde Salamipizza.
20. Ein Teilnehmer wurde während des Essens zunächst vermisst und stieß erst später dazu. Gerüchten zufolge war er damit beschäftigt, vor der Tür seine 5 mitgebrachten Brötchen zu verspeisen. Why not?
21. Nach dem Essen mussten wir bezahlen. Einzeln, an der Kasse. Das hat ne Weile gedauert. Unsere an Laternenmasten gefesselten, ineinander verwobenen Fahrräder zu befreien auch. Das E-Bike stand solange anfahrtsbereit daneben. Ohne Schloss.
22. Zum Bahnhof geht’s geradeaus, einfach nur geradeaus. Ist nicht weit, das schafft ihr auch noch. Und der Zug zurück nach Hamburg fährt auch gleich. Der nach Münster dauert etwas länger.
23. Mission completed. Sie leben noch… Erleichterung der Jugendgruppenleiter (Hatte da nicht jemand behauptet, das wäre für die stressfrei, weil ja streng genommen alle erwachsen wären?)
24. The aftermath: Nele kann sich kaum vor Hinternschmerzen retten und freut sich, den Tag nach der Radtour auf einer weichen Sitzkissenunterlage zu verbringen – not!
*Warnung: Dieser Text kann Spuren von Ironie enthalten. Das ist aber nicht so schlimm, daran stirbt man nicht.
– Laura von der Jugendgruppe Hamburg im BdS e.V.
Impressionen von der Radtour:
Fotos: T. Stenke, Ines Helke